St. Veiter Chirurg:innen sagen Adipositas den Kampf an

St. Veiter Chirurg:innen sagen Adipositas den Kampf an

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Die Chirurgen der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan v.l.n.r.: FA Dr. Michael Müller, EOA Dr. Klaus Baumgartner und der Vorstand der Chirurgie ÄD Prim. Univ.-Prof. Dr. Jörg Tschmelitsch, FACS mit dem EndoFLIP, welcher in Zukunft im Rahmen einer Studie auch in der Adipositas-Chirurgie zum Einsatz kommen soll. Foto: Barmherzige Brüder St. Veit an der Glan

Ein operativer Eingriff gilt für viele schwer Übergewichtige als letzte Chance gegen die Fettleibigkeit. Am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan findet ab Mitte Mai nun wieder der Infoabend für Betroffene statt. Jeden zweiten Mittwoch im Monat, von 14 bis 15 Uhr. Um eine Voranmeldung wird gebeten: T 04212/499-8555.

Ein Viertel aller Erwachsenen in Österreich ist stark übergewichtig, also adipös. Fast jede/r fünfte ÖsterreicherIn hat einen Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 und gilt daher als adipös (fettleibig). Ein belastender Zustand für Körper und Geist. Die vergangenen drei Jahre stellte die COVID-Pandemie krankhaftes Übergewicht in den Schatten. Aufgrund der geschlossenen Hallenbäder und Fitnesszentren hat sich bei vielen Betroffenen der Bewegungsmangel noch weiter verschärft. Parallel mussten die Krankenhäuser Adipositas-Operationen aufschieben, um freie Kapazitäten für die COVID-PatientInnen zu schaffen, insbesondere im Intensivbereich. Auch das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan war von diesen Einschränkungen betroffen, teilt der Ärztliche Direktor und Vorstand der Abteilung für Chirurgie Prim. Univ.-Prof. Dr. Jörg Tschmelitsch, FACS mit. Er leitet das Adipositas-Zentrum gemeinsam mit dem Ersten Oberarzt Dr. Klaus Baumgartner. „Die Gesamtlage hat sich entspannt. Mit der bevorstehenden Übersiedelung in das neu gebaute OP-Zentrum am Krankenhaus St. Veit, wird es wieder möglich sein, vermehrt Operationen gegen Fettleibigkeit durchzuführen.“

Nachfrage ungebrochen hoch

Dem Adipositas-Zentrum am allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan eilt ein guter Ruf in der langjährigen Erfahrung mit Adipositas-PatientInnen voraus. Vor Eintritt der Covid-Pandemie wurden am Ordenskrankenhaus pro Jahr ca. 200 PatientInnen wegen krankhaftem Übergewicht operiert. Im neuen OP-Zentrum, das im Frühjahr eröffnet wird, will man diese Zahlen auch wieder erreichen. Die Nachfrage nach Operationen gegen Fettleibigkeit ist groß, weiß Chirurg und Erster Oberarzt Dr. Klaus Baumgartner, der PatientInnen aus ganz Österreich mit seinem Team, darunter OA Dr. Walter Rumpf und FA Dr. Michael Müller, behandelt.

Begleiterscheinungen und Begleiterkrankungen des Übergewichts

Adipositas geht für die Betroffenen häufig mit lebensverkürzenden Begleiterkrankungen einher. Darunter insbesondere Diabetes (Zuckerkrankheit), Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Lungenfunktionsstörungen mit Atemnot, Erstickungsanfälle beim Schlafen (Schlaf-Apnoe-Syndrom) und schwere orthopädische Erkrankungen der Gelenke und der Wirbelsäule.

OP-Methoden: Magenbypass vs. Schlauchmagen

Bei operativen Eingriffen mit dem Ziel, das Körpergewicht zu reduzieren, spricht man auch von Adipositas-Chirurgie bzw. bariatrischer Chirurgie. An der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses St. Veit setzt man dabei auf mehrere Prinzipien: Die Magen-Bypass-Operation gilt als nachhaltigste und effektivste Methode zur Reduzierung des Übergewichts, ist jedoch aufwändiger und „einschneidender“, was den zukünftigen Lebensstil angeht. Im ersten Schritt wird der Magen wenige Zentimeter unterhalb des Mageneingangs abgetrennt und ein kleiner „Pouch“ (Restmagen) gebildet, der nur noch ein kleines Fassungsvermögen hat. Anschließend wird der Dünndarm durchtrennt und so versetzt, dass Nahrung und Verdauungsmittel erst im mittleren Dünndarm aufeinandertreffen und dadurch später zersetzt werden. Die Nahrung wird über eine Umleitung (Bypass) verwertet. Durch ein rasch eintretendes Sättigungsgefühl und damit einhergehende Reduzierung der Nahrungsmenge aber auch durch die Stoffwechselumstellung kommt es sukzessive zu einer Reduzierung des Übergewichts von 60-70 Prozent im ersten Jahr. Durch die Ausschaltung des Zwölffingerdarms ist lebenslange Zuführung von Vitaminen und Mineralstoffen zwingend notwendig. Der Schlauchmagen (Sleeve-Gastrektomie) bietet hingegen bei schwerst übergewichtigen PatientInnen bzw. RisikopatientInnen eine ausgezeichnete Alternative. Hierbei wird das Magenvolumen operativ um ca. 80% reduziert – ein sogenannter Magenschlauch wird gebildet. Auch hier können vergleichbare Gewichtsabnahmen erreicht werden.

Begleiterscheinung Reflux

Auch wenn eine Adipositas-Operation erfolgreich verläuft, entwickeln viele PatientInnen im Anschluss an den Eingriff einen Reflux, was sich auch meist als Sodbrennen äußert. Sehr häufig tritt dies insbesondere nach Schlauchmagen-OPs auf. Jetzt erforscht das chirurgische Team mit den KollegInnen der Chirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Salzburg den Zusammenhang von Adipositas-OP’s und der Wahrscheinlichkeit einen Reflux zu entwickeln.
Der Reflux-Experte und Facharzt für Chirurgie Dr. Michael Müller beschreibt die Reflux-Problematik: „Die Anatomie und die Physiologie des oberen Gastrointestinal Trakts verändert sich nach Adipositas-Eingriffen. Dies beeinflusst nachweislich die natürliche Anti-Reflux-Barriere und kann auf Dauer zu krankhaften Veränderungen der Speiseröhre führen.“

Studienbeteiligung und High-tech Medizin

Neue Erkenntnisse zu dieser Thematik könnte hier der Einsatz von spezieller Funktionsdiagnostik liefern. Mit dem EndoFLIP ©Medtronic, welcher im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan in der Reflux-Chirurgie eingesetzt wird, können Druckzonen im oberen Verdauungstrakt vor und nach einer Operation beurteilt werden.
Mit dem „EndoFLIP“ ist es möglich, diese Druckzonen frühzeitig bereits während der Operation zu identifizieren. Die ChirurgInnen der Barmherzigen Brüder St. Veit an der Glan sind dabei an vorderster Front in der wissenschaftlichen Beurteilung dieser innovativen Parameter, gemeinsam mit einem darauf spezialisierten Team unter der Leitung der chirurgischen Abteilung der Barmherzigen Brüder Salzburg. „Wir können möglicherweise in Zukunft die Wahrscheinlichkeit für das postoperative Auftreten von Reflux bereits frühzeitig einschätzen und entsprechend gegensteuern. Die Studienplanung ist in der Endphase und wir sollten in Kürze damit beginnen können Daten zu sammeln,“ so Dr. Müller zuversichtlich.

Vernetzung und Austausch in London

Im April wird ein Team der St. Veiter und Salzburger ChirurgInnen der Brüder-Krankenhäuser im St. Thomas Hospital in London zu Gast sein. Dort findet ein Erfahrungsaustausch unter ChirurgInnen, hinsichtlich des Einsatzes des EndoFLIPS statt.

OP ist nur ein Baustein

In Österreich sind Adipositas-Operationen chefarztbewilligungspflichtig. Somit müssen präoperativ einige Voruntersuchungen (Gastroskopie, Ernährungsberatung, Psychologisches Gutachten, OP-Tauglichkeit etc.) durchgeführt werden. Nach einer Adipositas-chirurgischen Operation ist eine lebenslange Nachsorge notwendig. Zur Nachsorge und Langzeittherapie gehört eine Ernährungs- und psychologische Beratung. Eine Lebensstiländerung ist trotz Operation unbedingt notwendig! „Der/die PatientIn muss seine Ernährung umstellen, sein Bewegungsverhalten ändern, um nicht einen Rebound-Effekt zu erleben. Auch nach der Operation ist eine neuerliche Gewichtszunahme möglich. Die OP ist nur ein Baustein für eine dauerhafte Gewichtsreduktion,“ betonen die Chirurgen in St. Veit.

Informationsveranstaltung

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder startet ab Mitte Mai mit Informationsveranstaltungen rund um das Thema Adipositas-Chirurgie. Diese richtet sich an Interessierte wie auch Betroffene gleichermaßen. „Das Team des Adipositas-Zentrums stellt sich vor. Hier wird vor allem auch geklärt, wer für eine Operation geeignet ist, wie sich der Weg zur Operation gestaltet und welche OP-Techniken möglich sind“, lädt OA Dr. Walter Rumpf ein. Jeden zweiten Mittwoch im Monat von 14 bis 15 Uhr wird es die Möglichkeit geben sich mit ExpertInnen auszutauschen und Unterstützung zu erlangen. Um eine Voranmeldung wird gebeten.
 

Adipositas-Ambulanz. Anlaufstelle für Betroffene

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan
Terminvergabe: Montag bis Donnerstag von 8 bis 14 Uhr, Freitag von 8 bis 13 Uhr (nach telefonischer Voranmeldung unter 04212/499-8555 oder unter terminvergabe@bbstveit.at)

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